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Wandgemälde hinter Tapetenschicht entdeckt

Restauration des Rohmeyergemäldes auf wundersame Weise


Im November 1999 wurde in einem Sitzungsraum des ehemligen Versorgungsamtes Verden (jetzt: Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie - Außenstelle Verden) bei Renovierungsarbeiten unter einer Schicht von alten Tapeten ein Wandgemälde des Fischerhuder Malers und Mitbegründers der dortigen Künstlerkolonie Wilhelm Heinrich Rohmeyer (1882 - 1936) entdeckt.

Rohmeyer war ab 1903 Schüler von Mackensen /Worpswede, nachdem er um die Jahrhundertwende in Stuttgart und Karlsuhe an der Akademie studiert hatte. Um 1908 ließ er sich in Fischerhude nieder, etwa zur gleichen Zeit wie Otto Modersohn. Es bestanden enge Kontakte zu Otto Modersohn, Heinrich Vogeler, Fritz Overbeck, R.-M. Rilke und den Westhoffs.

Aus finanziellen Gründen gab er nach der Inflation die Malerei auf und begann mit der Produktion von Kleinmöbeln und Holzspielzeug. Die Kunsttischlerei besteht heute noch und wird von einem Enkel geführt. Rohmeyer widmete sich auch der Denkmalpflege und entwarf Häuser. Die bekannte "Kunstschau" als Ausstellungs- und Verkaufsraum in Fischerhude geht auf Rohmeyer zurück.

Rohmeyergemälde nach Abschluss der Restauration   Bildrechte: LS Verden
Rohmeyergemälde

Auf dem riesigen Wandgemälde (ca. 2 x 3 m) dargestellt ist möglicherweise die Hamme- oder Wümme-Niederung mit dem Weyerberg im Hintergrund. Es dürfte sich dabei aber um eine eher idealisierte Darstellung handeln. Es finden sich auch Elemente, die an die Aller-Landschaft bei Daverden erinnern.Laut Signatur stammt das Bild aus dem Jahre 1907. Übertapeziert wurde es offensichtlich 1927, nachdem man anscheinend zunächst noch Überlegungen zur Anbringung eines gemalten Rahmens angestellt hatte (mit Bleistift skizzierter Rahmen auf Putz). Im Vordergrund ist ein für die Landschaft bei Fischerhude typischer Moorkahn zu sehen, der wiederum nicht zu einer Aller-Landschaft passen würde.

Zustand des Rohmeyergemäldes bei seiner Entdeckung   Bildrechte: LS Verden
Rohmeyergemälde bei seiner Entdeckung

Der Gebäudeteil, in dem sich das Gemälde befindet, war seit 1835 Lazarett und bekam 1873 einen Erweiterungsbau. Der heutige Sitzungssaal war seinerzeit wohl Teil des Verwaltungstraktes.

Das Bild war bei Entdeckung bzw. Freilegung stark beschädigt. Durch die mit der Renovierung beauftragte Firma waren Risse und Unebenheiten bereits zugespachtelt worden, als die Amtsleitung davon Wind bekam. Die Renovierungsarbeiten wurden sofort gestoppt. Verschiedene öffentliche und private Stellen wurden eingeschaltet, um einen Erhalt zu gewährleisten. Die Presse und diverse Verwandtschaft des Malers (Witwe, Tochter, Sohn mit Familie, Christian Modersohn) fanden sich ein.

Rohmeyergemälde nach heimlicher Restauration   Bildrechte: LS Verden
Rohmeyergemälde nach heimlicher Restauration

Sämtliche Versuche der Finanzierung einer Restaurierung schienen aber zunächst zu scheitern. Im Frühsommer des folgenden Jahres 2000 fiel dann jedoch Mitarbeitern des Versorgungsamtes bei einer Sitzung zufällig auf, dass sich das Bild sowie die umgebende Wand zwischenzeitlich auffallend verändert hatten und nunmehr in einem recht ansehnlichen Zustand befanden. Sämtliche Spachtel- und fremde Farbspuren waren verschwunden, der freigelegte Bereich war erheblich größer geworden, einige Schäden in der Bildmitte und am linken Rand waren kunstvoll retuschiert worden, die umliegende Wand war sauber im Farbton des übrigen Raumes gestrichen. Da vor nicht langer Zeit die alljährliche Verdener Domweih zu Ende gegangen war, titelte am 05.07.2000 der Chefredakteur der Verdener Aller-Zeitung über einem großen Artikel mit Bild: "Gemälde heimlich restauriert - "Domweih-Geist" im Versorgungsamt aktiv? / Keiner wollte Geld rausrücken/Werk Rohmeyers". Aufgrund dieser Sachlage konnte nun doch der zuständige Denkmalpfleger in Lüneburg nach entsprechender Inaugenscheinnahme davon überzeugt werden, dass der Gemäldefund einer Restaurierung würdig war, die dann nach entsprechender kunsthistorischer Begutachtung und Ausschreibung endlich im Oktober 2001 durchgeführt wurde. Bei einem Zeitaufwand von 134 Stunden entstanden Kosten in vierstelliger Höhe. Die Identität des "Domweih-Geistes" (oder der "Domweih-Geister"?) konnte nie geklärt werden.

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