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SpraKiKon 2012 "Sprache will gelernt sein" am 04.10.2012 im AWO-Sprachheilzentrum in Wilhelmshaven

Am 04.10.2012 fand die 4. Jahreskonferenz der Sprachheilkindergärten und der Kindergärten für Hörgeschädigte mit den Sprachheilbeauftragten des Landes Niedersachsen (SpraKiKon) statt.
In diesem Jahr übernahm das Sprachheilzentrum Wilhelmshaven aus Anlass des 40jährigen Bestehens die Federführung bei der Veranstaltung. So war die Gästeliste in diesem Jahr besonders prominent besetzt. Der Vorsitzende des AWO-Bezirksverbandes Weser-Ems, Herr Dr. Harald Groth, konnte den Staatssekretär im niedersächsischen Sozialministerium, Herrn Heiner Pott, den neuen Präsidenten des niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie, Herrn Malte Spitzer, und den Bürgermeister der Stadt Wilhelmshaven, Herrn Fritz Langen begrüßen.

Dr. Harald Groth wandte sich in seiner Rede zum 40jährigen Bestehen insbesondere an Herrn Pott und Herrn Spitzer und verwies auf eine erfolgreiche Bilanz in Bezug auf die Rehabilitation von Kindern mit schweren Sprachentwicklungsstörungen. Die Eröffnung des Sprachheilzentrums 1972 habe eine Lücke in der Versorgung dieser Kinder geschlossen. Die Angebote der teilstationären und stationären Sprachheilbehandlung würden Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche ermöglichen. Die Zukunft beschrieb Herr Dr. Groth aufgrund des Inklusionsgesetztes als ungewiss. Er wandte sich hier an die anwesende Leiterin der Herbartschule Wilhelmshaven, mit der eine langjährige Kooperation besteht. In den Sprachheilklassen der Herbartschule werden die Kinder, die das Sprachheilzentrum besuchen, überwiegend beschult. Die Leiterin des Sprachheilzentrums, Angelika Plümer, sprach bei ihrer Begrüßung die Hoffnung aus, dass diese Kooperation noch weiter bestehen bleiben könne. Die stationäre Sprachheilbehandlung ebne den Weg zur Inklusion, dafür müssten aber weiterhin stationäre Plätze im Sprachheilinternat angeboten werden können, so Dr. Groth.
(Sein Grußwort können Sie hier herunter laden, zur Internetpräsenz des Sprachheilzentrums gelangen Sie über diesen Link:
www.awo-ol.de/Einrichtungen/Sprachheilzentrum-Wilhelmshaven/SpraKiKon_2012.php

Herr Staatssekretär Heiner Pott wies auf die langjährig erfolgreiche Zusammenarbeit des Landes mit den Kommunen in der Sprachheilfürsorge hin. Durch die Sprache erschließe sich die Welt, so Pott. Sprachstörungen müssten so früh wie möglich erkannt werden. Das Sprachheilzentrum biete hier einen geschützten Raum, in dem Kinder ohne Verunsicherungen von außen Selbstvertrauen in sich und ihre Sprache setzen könnten. Schließlich betonte er in Hinblick auf die Inklusionsdiskussion die Notwendigkeit, die Praxis mit passgenauen Förderangeboten im Auge zu behalten statt nur auf die Kassenlage zu schauen. Die erfolgreiche Arbeit des Sprachheilzentrums müsse auch in Zeiten der Inklusion fortgesetzt werden.
(Das Grußwort von Herrn Staatssekretär Pott können Sie hier herunterladen.)

Zugleich gab der Staatsekretär den Startschuss für das neue „SprakiWiki“, in dessen Benutzung Sandra Wieter (Landessozialamt) eine kurze Einführung gab.
Zum „SprakiWiki“ gelangen Sie über diesen Link: www.sprakiwiki.niedersachsen.de

Nach der Begrüßung beschrieb Herrmann Mödden, Logopäde im Sprachheilzentrum, anschaulich und mit Videobeispielen den Behandlungsverlauf bei einem sechsjährigen Mädchen, das trotz langer Förderung in einem heilpädagogischen Kindergarten im Jahr vor der Einschulung noch eine massive Sprachentwicklungsstörung aufwies. So wurde das Kind nicht in die Regelschule am Wohnort eingeschult und weiter ambulant behandelt, sondern ein halbes Jahr vor der Einschulung ins Sprachheilzentrum aufgenommen und dann in die Sprachheilklasse an der Herbartschule eingeschult. Anfänglich kaum oder gar nicht verständlich, erweiterte das Mädchen langsam ihr Lautinventar, bis sie schließlich nach 14 Monaten verständlich wurde und über eine ihrem allgemeinen Entwicklungsstand entsprechende grammatikalische und semantisch-lexikalische Kompetenz verfügte.
(Den Vortrag von Herrn Mödden „Warum ein Hock gerne im Hacke ist“ können Sie hier einsehen bzw. herunterladen.)

Barbara Stumper, Diplompsychologin und Logopädin im Sprachheilzentrum, hielt einen interessanten Vortrag zum Thema Spracherwerb aus der Perspektive der gebrauchsbasierten Spracherwerbstheorie. Demnach lernen Kinder Sprache, weil ihre Gemeinschaft Sprache gebraucht, um einander Absichten mitzuteilen. Sprache sei so aufgebaut, dass unser Gehirn sie verarbeiten könne und deswegen lernbar. Voraussetzung für das Erlernen von Sprache ist lt. Stumper die Fähigkeit der Kinder, Absichten zu erkennen und zu teilen sowie Muster in der Sprache zu identifizieren. Kritisch bewertete Frau Stumper die Theorien zu den Themen „Late Talker“ und „Sensible Phasen für den Spracherwerb“. Sie wies auf die große Variabilität hin, mit der Kinder die Sprache erwerben, ohne dass man deren Entwicklung als auffällig bezeichnen könnte.
(Den Vortrag von Frau Stumper „Wie lernen Kinder und was lernen sie wann am besten“ können Sie hier einsehen.)

Bei einem Rundgang konnten die Festgäste das Sprachheilzentrum näher kennen lernen. Frau Plümer erläuterte die Konzeption der Einrichtung mit seiner intensiven und interdisziplinären Behandlung schwerer Sprachstörungen. Die betroffenen Kinder werden in familienähnlichen Wohngruppen mit 8 Kindern von jeweils drei Erzieherinnen betreut. Die Wohneinheiten umfassen abgeschlossene Schlafräume, einen großen Tagesraum, sanitäre Anlagen und ein Wohnzimmer. In den hellen und freundlichen Räumen fühlen sich die Kinder sehr wohl und vergessen so meist schnell ihr anfängliches Heimweh, wie Frau Plümer feststellte. Die Leiterin der Herbartschule Frau Winkler stellte das schulische Angebot dar und betonte die enge und fruchtbare Kooperation zwischen Schule und Sprachheilzentrum. Angetan waren die Gäste von dem eng vernetzten therapeutischen Angebot (Logopädie, Bewegungs- und Ergotherapie, pädagogische undpsychologische Betreuung). Der weitläufige Außenbereich bietet für spielerische und sportliche Aktivitäten reichlich Platz, so Frau Plümer abschließend.

In den Workshops wurde über die Vorträge anschließend diskutiert. Dabei wurden unter anderem die Rolle standardisierter Testverfahren zur Eingangs- und Verlaufsdiagnostik erörtert oder die Effekte der Komplexleistung Sprachheilbehandlung auf andere Entwicklungsbereiche, wie z. B. der Kognition oder der sozial-emotionalen Entwicklung. Die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Eltern war erneut Thema: Bei Kindern mit erheblichen Sprachstörungen sei die intensive Unterstützung durch die Bezugspersonen wichtig, teilweise seien Eltern dazu heute aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage. Die Verbesserung der elterlichen Kompetenzen sei daher ein wesentlicher Baustein der interdisziplinären Arbeit – sowohl auf der Beziehungs- als auch auf der Erziehungsebene. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen werde dieser Aspekt der mehrdimensionalen Arbeit in Sprachheileinrichtungen zunehmend bedeutsamer.

Erich Schlüter und Jürgen Harke (beide Landessozialamt) stellten die neuen Formulare für Abschlussberichte und Mitbeurteilungen vor der Aufnahme vor.
(Den Vortrag von Erich Schlüter können Sie hier herunter laden.)

Die traditionelle Abschlussrunde diskutierte kritisch die vorgeschlagene Form der Abschlussberichte, aber auch Fragen zu langfristigen Perspektiven der teilstationären und stationären Sprachheilbehandlungangesichts der Inklusionsdebatte. Das Thema „Mehrsprachigkeit“ und damit im Zusammenhang stehende sprachliche Auffälligkeiten wurde wieder einmal thematisiert: die Unterscheidung von Sprachfördermaßnahmen und der Indikation für eine logopädische Behandlung, Informationen über Testverfahren und Überprüfungsinstrumente aller sprachlichen Ebenen (rezeptiv und expressiv) in der jeweiligen Muttersprache wurden angesprochen.

Zeitungsartikel zur Veranstaltung sind am 05.10.2012 erschienen:

Jeversches Wochenblatt / Friesisches Tageblatt

Wilhelmshavener Zeitung


Gruppenbild  
Dr. Harald Groth, Angela Plümer (beide AWO Weser-Ems) und Staatssekretär Heiner Pott präsentieren den Fachartikel zur niedersächsischen Sprachheilarbeit.
Gruppenbild am Anmeldungstisch  
Das freundliche Team des Sprachheilzentrums Wilhelmshaven bei der Anmeldung.
Gruppenbild  
40 Jahre Sprachheilzentrum Wilhelmshaven: ein Anlass zum Treffen auf der SpraKiKon 2012
Gruppenbild  
Treffen im Foyer
Gruppenbild  
Werner Welp (Landessozialamt) und Frau Plümer warten auf die Eröffnung.
wartende Teilnehmer  
Gleich soll es losgehen!
Das Moderatorenteam steht vor dem Plenum  
Angela Plümer (AWO-Sprachheilzentrum Wilhelmshaven) und Anselm Bajus (Landessozialamt) moderieren die Tagung.
Redner am Lesepult  
Dr. Harald Groth (Vorstandsvorsitzender der AWO Weser-Ems) begrüßt die Gäste aus ganz Niedersachsen.
Redner am Lesepult  
Staatssekretär Heiner Pott (Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration) betont in seinem Grußwort die Bedeutung der niedersächsischen Sprachheilarbeit.
Rednerin am Lesepult  
Sandra Wieter (Landessozialamt) stellt das neue "SpraKiWiki" vor.
Gruppenbild prominenter Gäste  
Prominente Gäste bei der Geburtstagsfeier: Dr. Harald Groth und Angela Plümer (AWO) mit dem Staatssekretär Heiner Pott (Sozialministerium) - im Hintergrund in der 1. Reihe: Malte Spitzer (Präsident Landessozialamt), Fritz Langen (Bürgermeister WHV)
Zuhörer warten auf den Beginn der Vorträge.  
Das Plenum ist gut gefüllt - jetzt kommen die Vorträge.
Redner am Lesepult  
Hermann Mödden (AWO-Sprachheilzentrum Wilhelmshaven) stellt überzeugend die erfolgreiche logopädische Arbeit mit einem Fallbeispiel dar.
Rednerin am Lesepult  
Barbara Stumper (AWO-Sprachheilzentrum Wilhelmshaven) regt mit ihrem Vortrag zum kindlichen Sprache-Lernen intensive Diskussionen an.
Teilnehmer im Gespräch  
Anregende Diskussionen fanden auch im Foyer statt.
Teilnehmer sitzen in einer Gruppe zusammen.  
Nachdenken im Workshop
Teilnehmer in einer Gesprächsrunde  
Können wir Ideen für die eigene Arbeit mitnehmen?
Teilnehmer in einer Gesprächsrunde  
Die Arbeitsgruppe lässt sich von der Landkarte mit den Sprachheilkindergärten inspirieren.
Teilnehmer in einer Gesprächsrunde  
Hier regen Arbeiten der Kinder die Workshop-Gäste an.
Redner am Lesepult  
Theodor Bruns fasst Gruppenergebnisse zusammen.
zwei Redner präsentieren Formulare  
Jürgen Harke und Erich Schlüter (beide Landessozialamt) stellen die neuen Formulare vor.
Teilnehmer hören den Rednern zu.  
Die Gäste waren aus ganz Niedersachsen gekommen.
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