Baurechtliche Sonderregelungen für Flüchtlingsunterkünfte
Bis zum 31.12.2019 können die zuständigen Bauaufsichtsbehörden von Vorschriften Gebrauch machen, die die Schaffung von Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylsuchende vereinfachen und beschleunigen sollen.
Damit Übernachtungsmöglichkeiten für einen längeren Zeitraum geschaffen werden können, kann von den Vorgaben der normalerweise geltenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften abgewichen werden. So können mobile Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylsuchende ohne Baugenehmigung errichtet werden, aber
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maximal auf drei Jahre befristet und
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mit höchstens zwei Geschossen,
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die Interessen von Nachbarn dürfen nicht beeinträchtigt werden,
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auch für Flüchtlinge sollen gesunde Wohnverhältnisse geschaffen und
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unzumutbare Belastungen durch Lärm für alle Beteiligten vermieden werden.
Sollen bereits bestehende und nach allgemeingültigen Vorschriften zulässigerweise errichtete Gebäude als Aufnahmeeinrichtung, Gemeinschaftsunterkunft oder sonstige Unterkunft für Flüchtlinge genutzt werden, ist diese Nutzungsänderung in Gewerbegebieten, aber auch in reinen Wohngebieten zulässig, wenn
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diese Nutzung weitgehend mit den Belangen der Nachbarn und/oder der Öffentlichkeit vereinbar und
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auch hier höchstens auf drei Jahre befristet ist,
Diese Erleichterungen können bis zum 31.12.2019 angewendet werden.
In Niedersachsen sind die genannten Möglichkeiten mit dem seit 19.11.2015 geltenden „Gesetz zur Erleichterung der Schaffung von Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende (NEFUG)“ anwendbar.
Der § 2 NEFUG sieht beispielsweise vor, dass bei der Schaffung von Unterkünften für Flüchtlinge kein Kraftfahrzeugstellplatz gebaut, kein Kinderspielplatz eingerichtet werden muss oder auch auf das barrierefreie Bauen verzichtet werden kann.
Abweichend von den bisher geltenden Zuständigkeitsregelungen ist gemäß §§ 3 und 4 NEFUG das Sozialministerium als zuständige höhere Verwaltungsbehörde bestimmt worden.
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Werden somit neue Unterkünfte bis zu zwei Geschossen oder
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die Nutzungsänderung zur befristeten Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylsuchenden geplant,
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für die keine Baugenehmigung erforderlich sein soll und
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das staatliche Baumanagement, die Klosterkammer Hannover, die Bauverwaltung einer Kommune oder eines Landkreises die Baumaßnahmen überwacht,
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muss diese Stelle bei dem Sozialministerium die Zulässigkeit der Abweichung von bisher bestehenden Bauvorschriften beantragen. Das Ministerium entscheidet sodann durch Verwaltungsakt, ob von den Bauvorschriften abgewichen werden darf.
Die Zustimmung des Ministeriums ist darüber hinaus für den Fall einzuholen, dass
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private Träger entsprechende Vorhaben planen,
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bestehende Container beispielsweise auf drei Geschosse aufgestockt werden oder
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neue feste Unterkünfte an Orten errichtet werden sollen, die der Genehmigungspflicht unterliegen
Das Ministerium kann sodann zustimmen und gleichzeitig die entsprechende Baugenehmigung erteilen.
Der Gemeinde sind die entsprechenden Unterlagen zuzuleiten und um Stellungnahme zu bitten. Wird innerhalb von vier Wochen nicht widersprochen oder erfolgt gar keine Antwort, gilt die Zustimmung der Gemeinde als erteilt.
Mit Blick auf die zeitliche Befristung der Ausnahmen ist zu beachten, dass damit grundsätzlich kein Bestandsschutz gewährleistet ist. Nach dem Ende der Nutzung als Flüchtlingsunterkunft ist nach den bestehenden Vorschriften zu prüfen, welche Nutzung vor der Errichtung oder Nutzungsänderung zulässig war. Unter Umständen kann auch ein Rückbau notwendig sein.
Zuständig im Nds. Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung ist die Abteilung Bauen und Wohnen.
Auf der Homepage des MS können unter „Öffentliches Planungs- und Baurecht“ die „Hinweise zur bauplanungsrechtlichen Beurteilung von Standorten für Unterkünfte von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in den verschiedenen Gebietskulissen“ vom 15.12.2015 heruntergeladen werden, die Angaben zu den einzelnen Vorschriften und deren Umsetzung enthalten.