Informationen zum Sozialgesetzbuch Vierzehntes Buch – Soziale Entschädigung – (SGB XIV)
Das Soziale Entschädigungsrecht regelt die Entschädigung bei Gesundheitsschäden, für deren Folgen die staatliche Gemeinschaft einzustehen hat.
Das Soziale Entschädigungsrecht wurde zum 01.01.2024 vollständig überarbeitet und neu geregelt. Die bisherigen gesetzlichen Grundlagen, die in vielen verschiedenen Einzelgesetzen wie z.B. dem Bundesversorgungsgesetz oder dem Opferentschädigungsgesetz geregelt waren, werden nunmehr weitgehend durch das neue Sozialgesetzbuch Vierzehntes Buch – Soziale Entschädigung - (SGB XIV) abgelöst.
Ziel der Reform ist es, dass die gesetzlichen Leistungen zur Unterstützung der Betroffenen schneller, zielgerichteter und stärker an den Bedürfnissen der Berechtigten erbracht werden können.
Das SGB XIV regelt ab 01.01.2024 Leistungen für:
- Opfer einer Gewalttat (einschließlich Terroropfern)
weitere Informationen finden Sie auf der Seite Schnelle Hilfe für Opfer von Gewalttaten - Geschädigte durch Schutzimpfungen
- Geschädigte durch Ereignisse im Zusammenhang mit der Ableistung des Zivildienstes,
- Opfer von Kriegsauswirkungen der beiden Weltkriege
sowie deren
- Angehörige
- Hinterbliebene und
- Nahestehende.
Das
- Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz
- Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz
- Häftlingshilfegesetz
bleiben als eigenständige Gesetze bestehen, verweisen jedoch ab dem 01.01.2024 auf den Leistungsbereich des SGB XIV.
Nachfolgend finden Sie Informationen zu den einzelnen Themen:
Insgesamt soll das SGB XIV die Lebenssituation der Berechtigten verbessern.
Die Entschädigungszahlungen der Berechtigten wurden jeweils abhängig vom Grad der Schädigungsfolgen ab 01.01.2024 erhöht.
Ab dem 01.01.2024 sind neben Opfern körperlicher Gewalt auch Opfer psychischer Gewalt leistungsberechtigt. Darüber hinaus können bei dem Erfüllen der Anspruchsvoraussetzungen auch erheblich vernachlässigte Kinder oder Opfer von Kinderpornografie leistungsberechtigt sein.
Zudem erhalten sogenannte Schockgeschädigte erstmals einen gesetzlichen Anspruch nach dem Sozialen Entschädigungsrecht.
Eine weitere Neuerung ist die Einführung des eigenständigen Leistungsbereiches der Schnellen Hilfen mit dem Fallmanagement und den Traumaambulanzen. Im Rahmen des Fallmanagements werden Antragstellende unabhängig vom eigentlichen Antrags- und Verwaltungsverfahren bei der Antragstellung auf Leistungen der Sozialen Entschädigung beim Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie als Träger der Sozialen Entschädigung und auch bei anderen Leistungsträgern unterstützt. In den Traumaambulanzen erfolgt eine psychotherapeutische Frühintervention, um psychischen Störungen durch das schädigende Ereignis vorzubeugen, sie zu beheben oder deren negative Folgen einzudämmen.
Mehr erfahren Sie über das Online-Informationsangebot auf den folgenden Seiten:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales - Das soziale Entschädigungsrecht
Bundesministerium für Arbeit und Soziales - Das neue soziale Entschädigungsrecht - Video -
Das SGB XIV regelt die Leistungen für Anträge der Sozialen Entschädigung, die nach dem 01.01.2024 gestellt wurden.
Soziale Entschädigung nach dem SGB XIV wird nur auf Antrag gewährt. Die Antragstellung erfolgt beim jeweiligen Träger der Sozialen Entschädigung. Im Land Niedersachsen ist dies das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie.
Anträge können grundsätzlich formlos gestellt werden. Sofern Sie hierzu Hilfe benötigen, kontaktieren Sie uns gern telefonisch oder per E-Mail.
Es werden dennoch Antragsformulare zur Verfügung gestellt, hier sind alle Daten enthalten, die zur Bearbeitung Ihres Antrages notwendig sind.
Unter dem folgenden Link erhalten Sie Informationen zum Antragsverfahren:
Für Berechtigte, die bereits vor dem 01.01.2024 Leistungen der Sozialen Entschädigung bezogen haben, gibt es einen umfangreichen Besitzstand. Dies bedeutet, dass sich die Höhe Ihrer bisherigen monatlich laufenden Leistungen durch das Inkrafttreten des SGB XIV nicht verringern wird.
Für diese Berechtigten ist auch ein Wechsel im Rahmen eines Wahlrechts in das neue Recht des SGB XIV möglich. Hierüber wird jeder einzelne Berechtigte individuell durch uns beraten. Hierzu muss seitens der Berechtigten nichts veranlasst werden. Wir kommen unaufgefordert auf Sie zu.
Die sogenannten Grundrentner erhalten dagegen keine Besitzstandsleitstungen. Berechtigte, die ausschließlich eine Grundrente bezogen haben, sind im neuen Recht des SGB XIV finanziell in jedem Fall bessergestellt. Dieser Personenkreis erhält ab 01.01.2024 direkt die monatliche Entschädigungszahlung.
Berechtigte sind Geschädigte sowie deren Angehörige, Hinterbliebene und Nahestehende.
Geschädigte sind Personen, die durch ein schädigendes Ereignis unmittelbar eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Hierzu zählen auch sogenannte „Schockgeschädigte“.
Geschädigte durch Schockschadensind Personen, die in Folge des Miterlebens der Tat oder des Auffindens des Opfers eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Dazu zählen auch Personen, die durch die Überbringung der Nachricht des Todes oder der schwerwiegenden Verletzung des Opfers eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, wenn zwischen diesen Personen und dem Opfer eine enge emotionale Bindung besteht. Eine solche enge Bindung besteht in der Regel bei Angehörigen und Nahestehenden.
Angehörige sind Ehegatten, Lebenspartner sowie Kinder und Eltern von Geschädigten. Als Kinder gelten auch im Haushalt der Geschädigten aufgenommene Stiefkinder und Pflegekinder im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 des Bundeskindergeldgesetzes.
Hinterbliebene sind Witwen, Witwer, Waisen, Eltern sowie Betreuungsunterhaltsberechtigte einer an den Folgen der Schädigung verstorbenen Person. Als Waisen gelten auch in den Haushalt der an den Folgen der Schädigung verstorbenen Person aufgenommene Stiefkinder und Pflegekinder im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 des Bundeskindergeldgesetzes.
Nahestehende sind Geschwister sowie Personen, die mit Geschädigten eine Lebensgemeinschaft führen, die einer Ehe ähnlich ist.
Ein schädigendes Ereignis kann ein zeitlich begrenztes, ein wiederkehrendes oder ein über längere Zeit einwirkendes Ereignis sein.
Hierzu zählen:
Gewalttat:
Ein schädigendes Ereignis nach dem SGB XIV ist eine Gewalttat bzw. ein gleichgestelltes schädigendes Ereignis.
Was ist eine Gewalttat?
Im SGB XIV wird unterschieden zwischen der körperlichen und der psychischen Gewalttat.
Körperliche Gewalttat
Die körperliche Gewalttat ist ein vorsätzlicher, rechtswidriger, unmittelbar gegen die Person gerichteter tätlicher Angriff.
Psychische Gewalttat
Eine psychische Gewalttat ist ein sonstiges, rechtswidriges, unmittelbar gegen die freie Willensentscheidung einer Person gerichtetes schwerwiegendes Verhalten.
hierzu zählen:
- sexueller Missbrauch (§§ 174 bis 176 d Strafgesetzbuch)
- sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung (§§ 177 und 178 Strafgesetzbuch)
- Menschenhandel (§§ 232 bis 233a Strafgesetzbuch)
- Nachstellung, sog. Stalking (§ 238 Abs. 2 und 3 Strafgesetzbuch)
- Geiselnahme (§ 239b Strafgesetzbuch)
- Räuberische Erpressung (§ 255 Strafgesetzbuch)
Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Sofern ein Tatbestand von vergleichbarer Schwere wie die vorgenannten Regelbeispiele vorliegt, kann er ein schädigendes Ereignis im Sinne des
SGB XIV darstellen.
Was ist ein einer Gewalttat gleichgestelltes schädigendes Ereignis?
Einer Gewalttat stehen folgende schädigende Ereignisse gleich:
- die vorsätzliche Beibringung von Gift
- das Fehlgehen einer Gewalttat, so dass sie eine andere Person trifft, als die Person, gegen die sie gerichtet war
- ein Angriff in der irrtümlichen Annahme des Vorliegens eines Rechtfertigungsgrundes
- die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen
- die erhebliche Vernachlässigung von Kindern
- die Herstellung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung von Kinderpornografie nach § 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 Strafgesetzbuch
Kriegsauswirkungen beider Weltkriege
Wer durch Kriegsauswirkungen im Zusammenhang mit einem der beiden Weltkriege eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, kann eine Entschädigung erhalten.
Ereignisse im Zusammenhang mit der Ableistung des Zivildienstes
Eine Zivildienstbeschädigung ist eine gesundheitliche Schädigung, die insbesondere durch eine Dienstverrichtung, einen Unfall während der Ausübung des Zivildienstes oder die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist.
Schutzimpfungen oder andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe
Ein Impfschaden ist die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung.
- Berechtigte nach dem Häftlingshilfegesetz - Informationen finden Sie auf dieser Seite.
- Berechtigte nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) - Informationen finden Sie auf dieser Seite.
- Berechtigte nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) - Informationen finden Sie auf dieser Seite.
Die Soziale Entschädigung umfasst folgenden Leistungskatalog für Geschädigte:
- Leistungen des Fallmanagements und Leistungen in einer Traumaambulanz als Schnelle Hilfen
- Leistungen der Krankenbehandlung
- Leistungen zur Teilhabe
- Leistungen bei Pflegebedürftigkeit
- Leistungen bei Blindheit
- Entschädigungszahlungen
- Berufsschadensausgleich
- Besondere Leistungen im Einzelfall
- Leistungen Überführung und Bestattung
- Leistungen zum Ausgleich in Härtefällen
- Leistungen bei Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland
- Leistungen zu Besitzständen
Für Angehörige, Hinterbliebene, Nahestehende gilt ein eingeschränkter Leistungskatalog.
Bei den Schnellen Hilfen handelt es sich um eine eigene Leistungsart. Die Leistungen der Schnellen Hilfen sind unabhängig und losgelöst vom weiteren Verfahren auf Leistungen des SGB XIV. Sie werden im sogenannten Erleichterten Verfahren erbracht. Hier erfolgt lediglich eine summarische Prüfung des Antrages, in welcher geprüft wird, ob die antragstellende Person nach dem Recht der Sozialen Entschädigung anspruchsberechtigt sein kann. Das Ergebnis dieser Prüfung ist unabhängig und stellt keinen Vorgriff auf das Antragsverfahren auf weitere Leistungen nach dem SGB XIV dar.
Zu den Schnellen Hilfen gehören:
- Das Fallmanagement nach § 30 SGB XIV
- Die Leistungen der Traumaambulanzen nach §§ 31 ff. SGB XIV
Weitere Informationen zu Traumaambulanzen finden Sie auf dieser Seite.
Wenden Sie sich hierzu bitte an das Fallmanagement der zuständigen Außenstelle.
In folgendem Video wird die Arbeit des Fallmanagements erklärt:
Weitere Informationen finden Sie unter folgendem Link:
Informationen zum Fallmanagement
Auf diesen Internetseiten erhalten Sie weiterführende Informationen:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales - Das soziale Entschädigungsrecht
Die Landesregierung hat gemeinsam mit der AOK Niedersachsen ein Beratungsangebot eingerichtet.
Unter der Telefonnummer
0511 120 2900
erreichen Sie die Beratungshotline rund um Fragen zu Long-/Post-Covid.
Das Beratungstelefon ist montags bis freitags in der Zeit von 10 bis 14 Uhr erreichbar.Weitere Informationen dazu finden Sie auf diser Seite des Landes Niedersachsen .
Sofern Ihr Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) im Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfung abgelehnt worden ist, möchten wir Sie auf folgendes hinweisen:
Die Auswirkungen nach einer COVID-19-Impfung stellen für die Betroffenen oftmals eine gesundheitlich sehr belastende und unbefriedigende Situation dar.
Derzeit sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Auswirkungen der COVID-19-Impfung leider noch nicht abschließend geklärt. Insbesondere stellt der Begriff „Post-Vac“ keine medizinisch definierte Bezeichnung einer Erkrankung dar. Unter dem in Deutschland verwendeten Begriff „Post-Vac“ werden nach den vorliegenden Erkenntnissen verschiedene Beschwerden beschrieben, wie sie auch mit Long- /Post-COVID in Verbindung gebracht werden. Es besteht derzeit keine wissenschaftliche Evidenz, um die Existenz eines Post-Vac-Syndroms zu bestätigen oder ggf. vorliegende Long-/Post-COVD-ähnliche Beschwerden in Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfung zu bringen. (Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts zum Thema "Post-Vac-Syndrom" nach COVID-19-Impfung mit Stand vom 19.05.2023
Sofern sich zukünftig neue evidenzbasierte wissenschaftliche Erkenntnisse ergeben, die sich auf Ihre geltend gemachten Gesundheitsstörungen beziehen, haben Sie jederzeit die Möglichkeit, einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu stellen. Dieser Antrag kann beim Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie formlos gestellt werden und muss eine Angabe des angefochtenen Bescheides sowie die Gründe für eine erneute Überprüfung enthalten.
Bitte nutzen Sie die hier hinterlegten Anträge.
Antrag auf SGB XIV Soziale Entschädigung - Gewalttaten
(PDF, 0,41 MB)
Antrag auf SGB XIV Soziale Entschädigung - HHG / StrRehaG / VwRehaG
(PDF, 0,40 MB)
Antrag auf SGB XIV Soziale Entschädigung - Zivildienst
(PDF, 0,46 MB)
Antrag auf SGB XIV Soziale Entschädigung - Traumaambulanz
(PDF, 0,18 MB)
Antrag auf SGB XIV Soziale Entschädigung - Impfschäden
(PDF, 0,64 MB)
Antrag auf SGB XIV Soziale Entschädigung - Kriegsauswirkungen
(PDF, 0,45 MB)
Informationen zur Reform des sozialen Entschädigungsrechts finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.