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Sammy zieht aus

Das neue Jahrtausend ist noch kein Jahr alt, als das Jugendamt anfragt, ob wir Sammy* aufnehmen können. Wir sind zu diesem Zeitpunkt als Bereitschaftspflegefamilie nach § 33 oder 42 SGB VIII tätig. Wir sagten zu und schon am nächsten Tag kommt die Fachkraft des Jugendamtes und bringt Sammy. Die Informationen über Sammy sind sehr spärlich. Das Kind ist zu diesem Zeitpunkt ein Jahr alt. Die Familiengeschichte insgesamt und Sammys Geschichte im Besonderen sind nicht für das Format eines Newsletters geeignet.

Sammy wohnt dann einige Monate bei uns, das Jugendamt sucht eine Pflegefamilie, wird in der näheren Umgebung fündig. Sammy wird mit mehreren gegenseitigen Besuchen auf ihren Umzug vorbereitet und in der neuen Umgebung eingewöhnt. Wenn eine Rückführung ausgeschlossen werden muss/kann, wie in diesem Fall, ist das ein ganz normales Vorgehen in der Bereitschaftspflege. Aber dann erhalten wir nach einigen Monaten die Anfrage, ob wir Sammy wieder aufnehmen können. Wieder nur spärliche Informationen. Sammy ist vom Regen in die Traufe gekommen. Missbrauch durch den Pflegevater. Sammy ist zu diesem Zeitpunkt noch keine zwei Jahre alt und hat in ihrem kurzen Leben schon Katastrophen und Verletzungen erlebt, die auf mehrere Leben verteilt schon schwer zu verdauen wären.

Sammy kommt wieder zurück. Der Versuch von Normalität. Zumindest wir sind ihr vertraut. Erst mal zur Ruhe kommen, das Jugendamt sucht jetzt eine Familie mit einem professionellen Background. Nach einigen Monaten lernen wir sie kennen. Sammy hat jetzt zwei Mütter, Beate und Carola. Wir haben von Anfang an ein gutes Gefühl. Wir sehen Sammy in den nächsten Jahren relativ regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, und können so miterleben, wie sie groß wird. Die beiden Frauen werden über all die Jahre extrem gefordert, aber sie geben nicht auf. Sammy bekommt Geschwister, geht zur Schule, macht Sport. Alles ganz normal? Für uns, die wir Sammys Geschichte kennen, ist jeder dieser Schritte in die Normalität ein kleines Wunder. Und jetzt: Sammy zieht aus. Noch nicht ganz ohne Betreuung, aber in die Verselbständigung. Sie hat ihren Realschulabschluss geschafft und fängt im Sommer eine Ausbildung in der Krankenpflege an. Alles ganz normal? Doch eher ein Wunder!


*Die Namen sind zum Schutz der beteiligten Personen geändert



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