Fachtagung "Unruhige Geister und sprachlose Wesen?" am 30.11.2010 im Landessozialamt Oldenburg
Die 3. gemeinsame Jahrestagung des „Arbeitskreises Weser-Ems der kinder- und jugendärztlichen Dienste in den Gesundheitsämtern“ und des „Fachberatungsdienstes im landesärztlichen Dienst für Menschen mit Hör- und Sprachstörungen“ im Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (LS) stand unter dem Motto: „Unruhige Geister und sprachlose Wesen?“. Über 90 Personen hatten sich angemeldet, um aktuelle Fachinformationen zu Störungen der Aufmerksamkeit und der Sprache zu erhalten. Der Veranstaltungsraum der Oldenburg Außenstelle des Landessozialamtes (im Gebäude der Versicherung ÖFFENTLICHE) war am 30.11.2010 deshalb gut gefüllt. Über den Kreis der Veranstalter (Gesundheitsämter / Sprachheilberatung) hinaus waren auch Mitarbeiter/innen aus Einrichtungen der Freien Wohlfahrtsverbände, des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse, der Landesbildungszentren für Hörgeschädigte und freier Praxen gekommen.
Der Fachgruppenverantwortliche für den Bereich Sozialhilfe/Einrichtungen im LS, Herr LRD Werner Welp, stellte die Tagung als pädagogisch-medizinische Gemeinschaftsveranstaltung in seinem Grußwort in das Licht einer bundesweiten Entwicklung, mit der die Arbeits- und Sozialministerkonferenz neue Wege in der Eingliederungshilfe gehen will. Er begrüßte die interdisziplinäre Vernetzung und die sich daraus ergebenden positiven Effekte im Sinne eines mehrdimensionalen Fallmanagements für die betroffenen Menschen.
Frau Dipl.-med. Gäde als Leiterin des Arbeitskreises und StD Flöther als Teamsprecher der Fachberatung moderierten – wie in den Vorjahren – den Ablauf der 3. Jahrestagung, die auch 2010 wieder viel Gesprächsstoff im Plenum und in den Pausen bot. Alle Vorträge können hier heruntergeladen werden.
Den Themenkomplex „Aufmerksamkeitsstörungen“ eröffnete Frau Prof. Dr. Andrea Caby (Hochschule Emden/Leer – Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit) als ausgewiesene Expertin mit ihrem intensiven und informationsreichen Vortrag. Sie zeigte Möglichkeiten und Grenzen in der Diagnostik und Therapie bei Verdacht auf ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) auf, wobei auch die Probleme der Differenzialdiagnostik deutlich wurden. Sie betonte für die Behandlung besonders die aktive Einbindung der betroffenen Kinder und ihrer Eltern.
Ihr interdisziplinärer, multimodaler und ressourcenorientierter Ansatz fand eine gelungene Ergänzung durch den gemeinsamen Vortrag von Sylvia Erhardt und Friedrich Fitte (Gemeinnützigen Gesellschaft für Paritätische Sozialarbeit mbH Wilhelmshaven - GPS), die weitere Mitarbeiter/innen aus ihren Teams mitgebracht hatten. Sie stellten die praktische Umsetzung einer ressourcen- und lösungsorientierte Konzeption vor, mit der in ihren Einrichtungen in Wilhelmshaven und Mansie seit einigen Jahren Kinder mit „herausforderndem Verhalten“ im Vorschulbereich gefördert werden. Sie kann als spezifische Maßnahme für ein spezifisches Störungsbild betrachtet werden – mit besonderer Berücksichtigung der Elternarbeit. Mit einigen Videobeispielen wurde das Konzept veranschaulicht.
Um „Sprachstörungen“ ging es am Nachmittag: Für den Landkreis Leer stellten Heike Ahrens (aus Sicht der Kinder- und Jugendärztin im Gesundheitsamt) und Helena Lennartz (Jugendamt) die dortigen Angebote zur frühen Sprachförderung vor, wobei sie exemplarisch zwei Module vertieften: sie heißen „Mucks“ und „Mukel“. Sie beginnen bereits im ersten Lebensjahr und werden in einem vernetzten Miteinander gepflegt und ausgebaut. Es wurde deutlich, dass Visionen, persönliches Engagement und die Unterstützung der Entscheidungsträger hier gut zusammenwirken.
Ähnlich günstige Bedingungen führten zu einem speziellen Angebot, das Anja Haupt (Sprachheilberatung im Gesundheitsamt Emden) vorstellte: sie hat einen Service zur Ausleihe von Sprachfördermaterialien im Gesundheitsamt Emden aufgebaut, von dem sich die Anwesenden auch direkt inspirieren lassen konnten, da die Materialien in den Pausen in Augenschein genommen werden konnten.
Manfred Flöther (Fachberater im landesärztlichen Dienst für Menschen mit Hör- und Sprachstörungen beim Niedersächsischen Landessozialamt) stellte Ergebnisse aus aktuellen Evaluationsstudien zur Effektivität der Arbeit in den niedersächsischen Sprachheilkindergärten vor. Der deutliche Abbau sprachpathologischer Symptome trägt zu einer hohen Quote von Wiedereingliederung in Regeleinrichtungen bei. In einer Feinanalyse hat Theodor Bruns (Dipl.-Psychologe und therapeutischer Leiter im Sprachheilkindergarten Wilhelmshaven der Arbeiterwohlfahrt Weser-Ems) seit einigen Jahren durch eigene Studien die Wirksamkeit der teilstationären Sprachheilbehandlung bewertet. Er konnte aufzeigen, in welchem Ausmaß die sprachpathologische Symptomatik reduziert werden konnte. Anschließend erhielten alle Anwesenden ein Exemplar der Evaluationsstudie (das von der AWO Kinder, Jugend und Familie Weser-Ems bei Interesse angefordert werden kann).
Download: Dokumentation zur Fachtagung "Unruhige Geister und sprachlose Wesen?"