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Zur Erstattungsfähigkeit von Vereinsvormundschaftskosten

Angesichts des verstärkten Flüchtlingszuzugs ab Sommer 2015 sahen sich viele Jugendämter insbesondere im süddeutschen Raum zunehmend außer Stande, die für unbegleitete Minderjährige einzurichtenden Vormundschaften mit eigenem Personal als Amtsvormundschaften zu bestreiten. Auf Vorschlag der Jugendämter wurden daher von den Familiengerichten oftmals Vormundschaftsvereine oder deren Mitarbeiter zu Vormündern bestellt, nachdem den Vereinen von den Jugendämtern vorab im Vertragswege die Zahlung von Monatspauschalen je betreutem Mündel zugesagt worden war. Das Verwaltungsgericht Hannover hat mit Urteil vom 7. Dezember 2017 – 3 A 7356/16 – erkannt, dass die hierfür aufgewendeten Kosten nicht vom überörtlichen Träger nach § 89d SGB VIII zu erstatten sind.

Das Gericht stellt dabei klar, dass Kosten i.S.v. § 89d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII nur solche Aufwendungen sind, die einem örtlichen Jugendhilfeträger – unter den in der Norm aufgeführten Bedingungen – für die Gewährung von Jugendhilfe in Bezug auf einen konkreten Hilfefall entstanden sind. Bei der an einen Vormundschaftsverein gezahlten Kostenpauschale für die Übernahme einer Vereinsvormundschaft handelt es sich mangels Gewährung von Jugendhilfe nicht um Kosten in diesem Sinne.

Insbesondere sind die Kosten nicht im Rahmen einer Amtsvormundschaft angefallen. Es lag bereits keine Amtsvormundschaft vor, die vom Jugendamt einem freien Träger zur Ausführung hätte übertragen werden können. Vielmehr ist der Vormundschaftsverein vom Familiengericht unmittelbar zum Vormund bestellt worden. Darüber hinaus hätte das Jugendamt eine etwaig geführte Amtsvormundschaft auch gar nicht einem freien Träger – einem „Outsourcing“ von anderen Jugendhilfemaßnahmen wie etwa der Gewährung von Vollzeitpflege vergleichbar – übertragen dürfen. Denn freie Träger der Jugendhilfe haben im Rahmen anderer Aufgaben der Jugendhilfe i.S.d. § 2 Abs. 3 SGB VIII kein autonomes Betätigungsfeld. Die Übernahme solcher Aufgaben steht unter dem Vorbehalt gesetzlicher Erlaubnis. An einer solchen fehlt es allerdings, da der dies regelnde § 76 SGB VIII die Vorschrift des § 55 SGB VIII nicht aufführt. Nach Ansicht des Gerichts kommt insoweit weder eine erweiternde Gesetzesauslegung des § 76 SGB VIII nach Sinn und Zweck noch eine analoge Anwendung der Norm auf den in Rede stehenden Sachverhalt in Betracht.

Bei zutreffender rechtlicher Einordnung handelte es sich bei der an den Vormundschaftsverein gezahlten Pauschale um eine freiwillige Unterstützung eines freien Trägers. Diese ist zwar – in Wahrnehmung der Gesamtverantwortung nach § 79 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII – rechtlich zulässig, begründet aber als „Jugendhilfe im weiteren Sinne“ keine Kostenerstattungspflicht des überörtlichen Trägers. Das Gericht macht sich insoweit die Ausführungen in dem DIJuF-Rechtsgutachten vom 23. März 2016 – V 5.000 Lh – in JAmt 2016, S. 260, zu eigen.

Im Übrigen setzt sich das Gericht kritisch mit dem zur Kernfrage anderslautenden Richterspruch des VG Mainz (Urteil vom 10. August 2017 – 1 K 1419/16.MZ –) auseinander. Das VG Mainz habe vorausgesetzt, dass es sich bei der Finanzierung einer Vereinsvormundschaft für einen unbegleitet eingereisten minderjährigen Ausländer um die Gewährung von Jugendhilfe i.S.v. § 89d Abs. 1 SGB VIII i.V.m. § 2 SGB VIII handelt, ohne dies jedoch zu begründen. Der für die Entscheidung der Rechtsfrage maßgebliche Punkt sei damit vom VG Mainz übersprungen worden.

Gegen das Urteil des VG Mainz wurde Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, der vom OVG des Landes Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 12. Januar 2018 – 7 A 11652/17 –) abgelehnt wurde. Das OVG hat unter anderem festgestellt, dass in der Begründung des Berufungszulassungsantrags ernstliche Zweifel an der erstinstanzlichen Einordnung der Finanzierung einer Vereinsvormundschaft als Jugendhilfe nicht dargelegt wurden. Weitergehende Ausführungen zu der Frage, weshalb es sich hierbei um die Gewährung von Jugendhilfe handeln soll, finden sich in dem Beschluss allerdings nicht. Die vom VG Hannover bemängelte Lücke in der Argumentationskette hat das OVG Rheinland-Pfalz damit seinerseits nicht geschlossen.

Den Urteilstext des VG Hannover finden Sie hier: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE180000073&psml=bsndprod.psml&max=true

Trotz Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache ist das Urteil rechtskräftig.



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