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25 Jahre Landesjugendamt – eine Bilanz

Wenn man wie ich jetzt Silberhochzeit mit dem Landesjugendamt feiert, dann kann man auch ein bisschen Bilanz ziehen. Ich habe schon immer gerne alte Unterlagen aufgehoben, jetzt habe ich in den einen oder anderen Vermerk auch noch einmal hineingeschaut.

Als vor 25 Jahren nach einer Entscheidung der damals neuen SPD-Grünen Landesregierung das einheitliche Landesjugendamt gegründet wurde, geschah das ausdrücklich mit dem Ziel, „die Fachoberbehörde der Landesjugendhilfe in Niedersachsen“ zu schaffen.

Die damaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das dann auch mit großem Elan und viel Engagement umgesetzt, allerdings schon damals gegen erheblichen Widerstand gegenüber dem Ministerium oder auch den kommunalen Spitzenverbänden und der LAG. Sowohl die Verwaltung als auch der Landesjugendhilfeausschuss haben sich längere Zeit dann auch mit den „Perspektiven des Landesjugendamtes“ befasst, sich also auch bemüht, den Auftrag aus der Kabinettvorlage mit Leben zu erfüllen.

Das Landesjugendamt war sogar eine der ersten Behörden in Niedersachsen, die sich konstruktiv mit der Verwaltungsreform auseinandergesetzt hat und das Projekt „Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente im Niedersächsischen Landesjugendamt“ durchgeführt hat. Für das Ergebnis erhielt das Landesjugendamt auch im Rahmen des 4. Speyrer Qualitätswettbewerbs einen Anerkennungspreis der Verwaltungsfachhochschule in Speyer. Am darauffolgenden Wochenende löste die damalige Landesregierung das eigenständige Landesjugendamt auf. Die Motivation der Mitarbeitenden im NLJA war schlagartig auf dem Tiefpunkt.

In der Folge wurde das Landesjugendamt mehrmals neu sortiert, umgegliedert, dann sogar völlig abgeschafft und als „Vollzugsbehörde“ in das neue Landesamt für Soziales, Jugend und Familie eingegliedert. Erst 2014 wurde es dann als eigenständige Behörde, wenn auch aufgeteilt auf drei Behörden und zwei Ministerien wieder neu gegründet. Was mir bei dieser, hier nur kurz gestreiften Bilanz auffällt: es hat eigentlich nie einen wirklichen politischen und administrativen Willen zu einem starken Landesjugendamt gegeben. Man hat dem Amt und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nie wirklich Zeit gegeben, sich fachlich so aufzustellen, wie es möglich gewesen wäre. Offenbar war es mit einer eigenen fachlichen Position, die nicht immer dem politischen und gesellschaftlichen Mainstream entsprach, unbequem und nicht stromlinienförmig genug, eben keine „Vollzugsbehörde“.

Damit haben Politik und Ministerien über Jahrzehnte hinweg nach meiner Einschätzung eine große Chance zur Gestaltung der Landesjugendhilfe vertan. Dass in der aktuellen Koalitionsvereinbarung ein Gesamtkonzept der Kinder- und Jugendhilfe gefordert wird, ist auch ein Ergebnis dieser Entwicklung.

Dabei hat das Landesjugendamt, auch als es formal nicht existierte durch engagierte, fachlich hervorragende und trotz allem motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viele Impulse in der Landesjugendhilfe leisten können. Jede politische Initiative und fachliche Herausforderung, ob im Kitabereich, den verschiedenen Förderbereichen, den Frühen Hilfen oder der UMA-Zuwanderung konnte – wie immer mit zu wenig Personal trotzdem umgesetzt werden.

Das Landesjugendamt hat mit Projekten wie der IBN, der Vollzeitpflege oder den Qualitätsentwicklungsprojekten bundesweit beachtete Impulse gesetzt. Das ist gelungen, weil einige Leitungskräfte und vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einfach Interesse an der Jugendhilfe und ihrer Weiterentwicklung habe.

Es ist zu hoffen, dass die Stärkung des Landesjugendamtes, wie in der Koalitionsvereinbarung beschlossen, Realität wird und es nach einem Vierteljahrhundert endlich die Fachbehörde der Kinder und Jugendhilfe des Landes gibt, die in der Kabinettsvorlage zur Schaffung des Landesjugendamtes 1992 als Ziel formuliert wurde. Darüber hinaus sollte ernsthaft daran gearbeitet werden, die organisatorisch und fachlich unsinnige Zersplitterung der Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen endlich zu beenden. Der Kitabereich ist eben nicht nur als Vorbereitung für das spätere Funktieren in der Schule zu verstehen, sondern dient, wie die gesamte Jugendhilfe dazu, die Kinder und Jugendlichen in ihrer Gesamtpersönlichkeit zu entwickeln und zu fördern, wie es der § 1 des SGB VIII eben auch vorschreibt. Und diesen Bereich dann auch noch im Ressort des Mk auf zwei Behörden zu verteilen, ist auch aus Sicht der Verwaltungsorganisation nicht sinnvoll. Die Landesjugendhilfe gehört in eine Behördeneinheit. Diese Zusammenführung wäre eine wirkliche Stärkung des Landesjugendamtes! Es wäre empfehlenswert, wenn auch dies ein Ergebnis der Diskussion um das Gesamtkonzept der Kinder- und Jugendhilfe wäre.

Wenn es aber nicht zu einer Zusammenführung in einer Ressortzuständigkeit kommt, was wegen des fehlenden politischen Willens zu erwarten ist, sollte der Kitabereich aus dem Ministerium in die Landesschulbehörde verlagert werden, wo er früher auch war. Damit würde dieser Bereich von der unmittelbaren politischen Steuerung des Mk entlastet werden und seine tatsächliche Aufgabe in der fachlichen Umsetzung des SGB VIII und des KitaG effektiver wahrnehmen können. Auch hier gäbe es Optimierungspotential. Es wird interessant sein zu beobachten, wie die Aussage der Koalitionsvereinbarung – wenn überhaupt – mit Leben erfüllt wird.


Dr. Dirk Härdrich


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