Gesetz zur richterlichen Genehmigung von freiheitsentziehenden Maßnahmen
Wie bereits in der Newsletter Ausgabe 01/2017 angekündigt, ist nun zum 01.10.2017 das neue Bundesgesetz „zur Einführung eines familiengerichtlichen Genehmigungsvorbehaltes für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern“ in Kraft getreten. Besonders bedeutsam dabei ist, dass die Regelung des § 1631b BGB zum richterlichen Genehmigungsvorbehalt für eine Unterbringung mit Freiheitsentzug um einen zweiten Absatz erweitert wurde. Durch diese Erweiterung wurde nun der Einsatz von freiheitsentziehenden Maßnahmen, die auch unterbringungsähnliche Maßnahmen genannt werden, im Gleichlauf zur freiheitsentziehenden Unterbringung ebenfalls der richterlichen Genehmigung unterstellt. Zuvor reichte hierfür eine Einwilligung des entsprechenden gesetzlichen Vertreters aus. Bei unter Betreuung stehenden Erwachsenen hingegen, ist der richterliche Genehmigungsvorbehalt bereits seit einigen Jahren gesetzlich vorgesehen. Diese Regelungslücke, die auch vom BGH im Jahr 2013 (BGH FamRZ 2013, 1646 ff.) explizit festgestellt wurde, wollte der Gesetzgeber nun durch die Einführung des Gesetzes schließen. Gleichzeitig sollen dadurch auch Eltern entlastet werden, die die Verantwortung für solche einschneidenden Maßnahmen bisher alleine getragen haben (vgl. BT Drs. 18/11278, S. 15).
Es ist zu beachten, dass das neue Gesetz bereits bei einem Aufenthalt des Kindes in einem „Heim, Krankenhaus oder einer sonstigen Einrichtung“ eingreift. Eine „Unterbringung“, wie im ersten Absatz des § 1631b BGB, ist dem Wortlaut nach nicht erforderlich. Folglich sind auch solche Einrichtungen betroffen, in denen sich Kinder nur für eine bestimmte Zeit des Tages aufhalten, wie beispielsweise Kindergärten oder Horte.
Inhaltlich lehnt sich das neue Gesetz an den im Betreuungsrecht bereits bestehenden § 1906 Abs. 4 BGB an. So sind hier wie dort alle freiheitsentziehende Maßnahmen, die durch „mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Art und Weise“ vorgenommen werden, erfasst. Unter mechanischen Vorrichtungen sind beispielsweise Fixiergurte, Therapietische, Schutzanzüge oder Time-Out-Räume zu verstehen. Bei dem Einsatz von Medikamenten ist beispielsweise an den zweckgerichteten Einsatz von Sedierungen oder sonstige Beruhigungsmittel zu denken. Durch das Merkmal „oder auf andere Art und Weise“ ist die Wahl des Mittels letztlich jedoch unerheblich. Erfasst sind alle Fälle, durch die das Kind am Verlassen seines Aufenthaltsortes regelmäßig oder über einen längeren Zeitraum hinweg gehindert wird. Nicht von dem Genehmigungsvorbehalt erfasst sind altersgerecht eingesetzte Maßnahmen, wie das Angurten eines Kleinkindes in einem Kinderwagen oder das Verbringen eines Säuglings in einen Laufstall oder Hochstuhl.
Um die Genehmigung erhalten zu können, muss die Maßnahme dem Kindeswohl dienen und insbesondere zur Abwendung einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung eingesetzt werden. Gleichzeitig muss sich die Gefahr nicht auf andere Weise abwenden lassen, mithin muss die Maßnahme das mildeste Mittel darstellen. Sofern sich mit dem Unterlassen der Maßnahmen bis zur Einholung der Genehmigung eine Gefahr für das Kindeswohl ergeben sollte, kann die Maßnahme zunächst auch ohne Genehmigung eingesetzt werden. Die Genehmigung muss jedoch zwingend unverzüglich nachgeholt werden. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass eine etwaige bereits vorhandene Genehmigung für eine Unterbringung mit Freiheitsentzug diese neu eingeführte Genehmigung nicht mit umfasst.