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Komm, wir finden einen Schatz!

5. Jahrestagung am 27.11.2012 an der Universität Oldenburg zur ICF-CY


Die 5. gemeinsame Jahrestagung des Niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie (Landessozialamt) mit dem „Arbeitskreis Weser-Ems der kinder- und jugendärztlichen Dienste in den Gesundheitsämtern“ fand 2012 zum zweiten Mal mit dem Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg statt. Wieder waren über 100 Fachleute aus ganz Niedersachsen in die Universität Oldenburg gekommen, Ärztinnen und Ärzte, Fachkräfte aus der Sprachtherapie und Logopädie, der Sonder- und Hörgeschädigtenpädagogik, der Psychologie, den Gesundheits- und Sozialämtern etc. Das Programm der Tagung kann hier herunter geladen werden.

Die ICF-CY (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen) wurde unter dem Motto „Komm, wir finden einen Schatz“ thematisiert – nach der Inklusionstagung 2011 bot es sich an, diese auf Ressourcen zielende Sichtweise in die Hilfeplanung für Menschen mit Behinderungen genauer zu beleuchten. Dieses Beschreibungsraster der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt seit 2011 in deutscher Übersetzung vor.

Im Grußwort des Leitenden Regierungsdirektors Werner Welp (Landessozialamt) wurden die Gäste als Mitglieder der unterschiedlichen Disziplinen, Ämter und Einrichtungen bereits als Teile funktionierender Netzwerke begrüßt. Er betonte deren Bedeutung für die Weiterentwicklung fachlicher Hilfen für Menschen mit Handicaps.

Als Direktorin des Instituts für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg ergänzte Prof. Dr. Gisela Schulze in ihrer begrüßenden Einführung, dass für die Stärkung von Kindern und Jugendlichen Gemeinsamkeit in allen Handlungsfeldern notwendig ist, auch in der Forschung. In der neuen medizinischen Fakultät der Universität Oldenburg wird hierfür eine partizipative Versorgungsforschung angestrebt. Ihre Begrüßung kann hier herunter geladen werden.

Den Einstieg in die Thematik absolvierte Juniorprofessorin Dr. Britta Gebhard (Uni Oldenburg, Institut für Sonder-und Rehabilitationspädagogik). In ihrem Eröffnungsreferat wurde der theoretische Rahmen sehr anschaulich dargestellt: Entstehung, Ziele und Aufbau der ICF-CY beinhalten einen Paradigmenwechsel von der medizinischen Sichtweise auf Behinderungen als Folge von Krankheit, als Defizits hin zu einem sozialen Modell. In diesem rückt Orientierung auf die Ressourcen eines Menschen in den Vordergrund – ohne dass die vorhandenen Defizite ignoriert werden: ein bio-psychosoziales Modell. Ihr Vortrag kann hier herunter geladen werden.

Die Leiterin der Frühförderung Norderstedt und versierte Fachfrau für die Arbeit mit der ICF-CY, Dipl.-Pädagogin Liane Simon füllte den dargelegten theoretischen Rahmen mit Beispielen aus ihrer praktischen Arbeit in einem interdisziplinären Team. Amüsant waren auch ihre Beispiele in der Annäherung von Pädagogik und Medizin: die Steigerung gegenseitigen Respekts als Basis für eine gleichwertige interdisziplinäre Zusammenarbeit entsteht durch die Nutzung der ICF als eines Instruments mit der gleichen Sprache. Sie rückte das autonome, kompetente Kind und deren Eltern bzw. Familien als wichtige Partner in den Kreis der beteiligten Disziplinen. Ihr Vortrag kann hier herunter geladen werden.

Die beiden Referentinnen stellten sich mit der lebhaften Diskussion im Plenum: Die Arbeit in Gesundheits- undSozialämtern, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen sei schon stark auf Ressourcen ausgerichtet – eine Klassifikation mit der ICF schaffe zusätzlichen Arbeitsaufwand. Bei den ersten praktischen Übungen mit der ICF-CY sollte deshalb eine Fokussierung auf einige wenige Schwerpunkte erfolgen. Angeraten wird der Einsatz der Checklisten, die z. B. auf der Internetseite der„Vereinigung für interdisziplinäre Frühförderung“ herunter geladen werden können:

http://www.fruehfoerderung-viff.de/aktuelles/bundesvereinigung/detail/checklisten-aus-der-icf-cy/

Können die Kostenträger eine Hilfeplanung unter Berücksichtigung dieses bio-psychosozialen Modells leisten? Von einem Projekt mit diesem Anspruch berichteten Dipl.-Verwaltungswirtin und Sozialmanagerin Sibylle Gruhl und die Dipl.-Sozialpädagogin Julia Krampitz (Landkreis Harburg, Abt. Gesundheit).
Durch organisatorische Änderungen in der Gesundheits- und Sozialverwaltung des Landkreises wurden neue Wege beschritten: die Bedarfsfeststellung (Gesundheitsamt) bildet mit der Finanzierung und Gesamtplanung (Eingliederungshilfe im Sozialamt) ein Team. Die Betroffenen bzw. deren Familien werden grundsätzlich in die Hilfeplanung eingebunden, die Einrichtungen (als Leistungserbringer) erhalten bei Förderkonferenzen Wertschätzung und fachliche Beratung. Der niedersächsische Leitfaden zur individuellen Zielplanung hilft bei der Formulierung von Zielen, die SMART sein sollen: Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch, Terminiert. Der Vortrag kann hier herunter geladen werden. Der „2. Leitfaden zur individuellen Zielplanung im Rahmen des Gesamtplans für Menschen mit Behinderung“ kann auf dieser Seite herunter geladen werden:
http://www.eingliederungshilfe.niedersachsen.de/behinderte_menschen/eingliederungshilfe_behinderte_menschen/gesamtplan-zielplanung-367.html

Im überzeugenden Abschlussvortrag stellten Ingo Laskowski (Sozialpädagoge), Antje Bormann (Logopädin) und Anke Fortmann (Sprachheilpädagogin) aus dem Sprachheilkindergarten Degersen bei Hannover eine ganzheitliche, ressourcenorientierte Förderplanung vor. Das interdisziplinäre Team der Einrichtung (Pädagogik, Sprachtherapie, Psychologie, Ergotherapie) hat hierfür eine eigene Darstellungsweise entwickelt. Im Rahmen der Anamnesenerhebung und gemeinsamen Förderplanung werden für jedes Kind Entwicklungsstände ermittelt, die in einem sehr übersichtlichen Kreisdiagramm dargestellt werden (wobei eine Orientierung anT-Werten anvisiert wird). Hieraus werden prozessdiagnostisch Förderziele formuliert. Eine intensive Elternarbeit mit überraschenden Beratungs- und Fragestrategien ermöglicht eine gute Absicherung der Förderplanung bis ins Elternhaus. Alle Gäste waren hiervon sehr beeindruckt. Ihr Vortrag kann hier herunter geladen werden.

Prof. Dr. Gisela Schulze (Universität Oldenburg), Dipl.-med.Astrid Gäde (Arbeitskreis Weser-Ems der kinder- und jugendärztlichen Dienste in den Gesundheitsämtern) und Manfred Flöther (Landessozialamt) zogen als Veranstalter ein positives Resümee: auch wenn der Umgang mit der ICF-CY neue Anforderungen stellt, so haben die Beteiligten auch damit eine gute Basis für eine Fortsetzung der guten interdisziplinären Zusammenarbeit kennen gelernt. Der Schatz, der in allen Menschen gefunden werden kann, ist das persönliche Glück – ein Blickwinkel, der bei den Gästen der Tagung schon lange gepflegt wird. Eine verbesserte Umsetzung von empfohlenen Hilfen erfordert aber auch neue Wege in der Finanzierung von Maßnahmen zu finden sein. Ob bei den Kostenträgern die Bereitschaft für eine derartige Schatzsuche besteht, könnte bei den kommenden Jahrestagungen geprüft werden.



Das Team sitzt am Anmeldungstisch  
Das Team der Anmeldung ist bereit.
Zuhörer sitzen im Saal.  
Der Bibliothekssaal der Universität füllt sich.
Zwei Organisatoren stehen am Rednerpult.  
Dipl. med. Astrid Gäde (AK Weser-Ems) und Manfred Flöther (Landessozialamt) eröffnen die 5. Jahrestagung.
Redner am Lesepult  
Werner Welp (Landessozialamt) begrüßt die Gäste.
Zwei Veranstalter stehen am Rednerpult.  
Zeit überzogen! Jürgen Harke (Landessozialamt) erinnert Herrn Welp wie einst Martin Jente an den Abschluss.
Rednerin am Lesepult  
Prof. Dr. Gisela Schulze (Universität Oldenburg) beim einführenden Grußwort
Rednerin am Lesepult  
Junior-Professorin Dr. Britta Gebhard (Universität Oldenburg) hält den Eröffnungsvortrag zur ICF-CY.
Rednerin am Lesepult  
Liane Simon (Frühförderung Norderstedt / Medical School Hamburg) stellt die Anwendung der ICF-CY in der Praxis vor.
Teilnehmer äußert sich.  
Kritische Anmerkungen aus dem Plenum
Mehrere Redner am Lesepult  
Die Referentinnen und Referenten stellen sich der Diskussion.
Teilnehmerinnen unterhalten sich  
Anregende Gespräche in der Pause
Zwei Rednerinnen am Lesepult  
Sibylle Gruhl und Julia Krampitz (Landkreis Harburg) präsentieren das Modell der Hilfeplanung in ihrem Landkreis.
Redner am Lesepult  
Antje Bormann, Ingo Laskowski und Anke Fortmann (Sprachheilkindergarten Degersen) beim abschließenden Referat
Grafische Darstellung einer fachlichen Auswertung  
Das ganzheitliche ausgerichtete Kreisdiagramm aus Degersen überzeugt die Tagungsgäste.
Redner am Lesepult  
Manfred Flöther (Landessozialamt), Dipl. med. Astrid Gäde (AK Weser-Ems) und Prof. Dr. Gisela Schulze (Universität Oldenburg) ziehen ein positives Resümee.
Teilnehmer hören den Rednern zu.  
Die Themenvorschläge für 2013 werden im Plenum verfolgt.
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