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Bundesgerichtshof billigt Eltern die Möglichkeit zu, bei fehlendem Betreuungsplatz Ersatz ihres Verdienstausfallsschadens zu verlangen

Auch wenn die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. Oktober 2016 – III ZR 278/15 – vielen bereits geläufig sein dürfte: Eine Aufnahme in die aktuelle Ausgabe unseres Newsletters erscheint uns wegen ihrer weitreichenden Folgen angezeigt.

Der Entscheidung, die in einem von drei Parallelverfahren ergangen ist, lag das Begehren einer Kindesmutter auf Ersatz ihres Verdienstausfallschadens zu Grunde: Trotz rechtzeitiger Bedarfsanmeldung hatte der öffentliche Träger der Jugendhilfe keine hinreichende Anzahl an Betreuungsplätzen nach § 24 Abs. 2 SGB VIII zur Verfügung gestellt, so dass sich eine Rückkehr der Kindesmutter in die Erwerbstätigkeit um zwei Monate verzögerte. Die erlittene Einbuße machte sie gegenüber dem Träger im Wege der so genannten Amtshaftung geltend.

Der Bundesgerichtshof (BGH) erkannte (insoweit in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen), dass mit dem seit dem 1. August 2013 bestehenden Anspruch des Kindes aus § 24 Abs. 2 SGB VIII eine Amtspflicht des öffentlichen Trägers zur fristgemäßen Schaffung entsprechender Betreuungsplätze korrespondiere. Hier bestehe eine umfassende Gewährleistungspflicht mit der Folge, dass sich der öffentliche Träger zum Zwecke einer ausreichenden Bereitstellung notfalls freier Träger der Jugendhilfe oder Tagespflegepersonen zu bedienen habe.

Im Unterschied zur Vorinstanz fasste der BGH unter den so genannten „Schutzbereich“ dieser Amtspflicht allerdings nicht nur das jeweilige Kind als Inhaber des Anspruchs auf einen Betreuungsplatz, sondern auch das Erwerbsinteresse der Eltern. Die Folge ist, dass der auf einer verspäteten Bereitstellung eines Betreuungsplatzes beruhende Verdienstausfall der Eltern vom öffentlichen Träger der Jugendhilfe im Verschuldensfalle ersetzt verlangt werden kann.

Zu einer abschließenden Entscheidung kam es dennoch nicht: Der BGH verwies die Angelegenheiten an die Vorinstanz zurück, da noch tatrichterliche Feststellungen zum erforderlichen Verschulden des Amtsträgers zu treffen waren. In diesem Zusammenhang legte der BGH dar, dass insoweit zugunsten des Geschädigten der so genannte Beweis des ersten Anscheins bestehe. Es sei daher Sache des Jugendhilfeträgers, den gegen ihn streitenden Anscheinsbeweis zu erschüttern. Auf allgemeine finanzielle Engpässe könne sich der Träger der Jugendhilfe zu seiner Entlastung nicht mit Erfolg berufen. Nach der gesetzgeberischen Entscheidung müsse er für eine ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen grundsätzlich uneingeschränkt einstehen. Eine Berufung auf mangelnde tatsächliche Kapazitäten scheidet damit aus.

Die Entscheidung mit Gründen sowie eine Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs finden Sie hier:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=eab16b50277d4ecf9124da8955e5c77d&nr=76566&pos=0&anz=1



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