Änderungen im Nds. AG SGB VIII und familienähnliche Betreuungsformen
Am 23.03.2022 hat der Niedersächsische Landtag das „Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Achten Buchs des Sozialgesetzbuchs und zur Niedersächsischen Kinder- und Jugendkommission“ verabschiedet. Das Gesetz wurde am 29.03.2022 im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet und ist am gleichen Tag in Kraft getreten. Das Gesetz enthält u.a. auch zwei Regelungen, die für familienähnliche Bereuungsformen von Relevanz sind: 1. Erweiterung des Einrichtungsbegriffs Durch das Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KJSG) wurde erstmalig eine Definition des Einrichtungsbegriffs ins SGB VIII aufgenommen. Dabei hat der Bundesgesetzgeber vorgesehen, dass familienähnliche Betreuungsformen (z. B. selbstständige Erziehungsstellen) nicht als Einrichtung gelten und damit nicht unter die Betriebserlaubnispflicht nach § 45 SGB VIII fallen. Er hat jedoch den Ländern mittels eines Landesrechtsvorbehalt die Möglichkeit eröffnet, eine abweichende Regelung zu treffen. Von diesem Landesrechtsvorbehalt hat Niedersachsen nun Gebrauch gemacht. In Niedersachsen fallen somit nach dem neuen § 15 Abs. 1 AG SGB VIII familienähnliche Betreuungsformen, die „zur Förderung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sowie zur Ermöglichung gleichberechtigter Teilhabe am Leben in der Gesellschaft familienähnliches Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten konzeptionell verbunden sowie qualitätsgesichert vorhalten und die Gesamtverantwortung für die Lebensführung der untergebrachten und betreuten Kinder oder Jugendlichen berufsmäßig übernehmen oder wenn untergebrachte und betreute Jugendliche zur Unterstützung bei der sozialen Integration und eigenverantwortlichen Lebensführung intensiv sozialpädagogisch einzelbetreut werden“ unter den Einrichtungsbegriff und damit wieder in die Betriebserlaubnispflicht. In Niedersachsen haben sich unterschiedliche familienähnliche Betreuungsformen entwickelt, die sich durch eine konzeptionell gewollte Verknüpfung von professioneller Erziehung und Privatheit auszeichnen und nicht mit einer vom Jugendamt vermittelten (§ 33 SGB VIII) oder mit jugendamtlicher Erlaubnis versehenen Pflegeperson (§ 44 SGB VIII) gleichzusetzen sind. Daher erfordern und unterliegen diese Betreuungsformen in Niedersachsen ein den §§ 45 ff. SGB VIII entsprechendes Schutzniveau. 2. Abgrenzung Pflegefamilien und betriebserlaubnispflichtige Einrichtungen Des Weiteren wurde nun gesetzlich festgelegt, dass es eine parallele Erbringung von Hilfen durch eine Pflegeperson (z. B. im Rahmen von Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII) in einer familienähnlichen Betreuungsform nicht erfolgen soll. So heißt es nun in § 15 Abs. 2 AG SGB VIII: „Ist eine Einrichtung nach Absatz 1 gegeben, so sollen in der familienähnlichen Betreuungsform keine Hilfe zur Erziehung nach § 33 SGB VIII, keine Eingliederungshilfe nach § 35 a Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, keine Leistungen nach § 80 SGB IX oder vergleichbare Hilfen erbracht werden, bei denen Kinder und Jugendliche einer geeigneten Pflegeperson zugeordnet werden.“ Der Gesetzgeber hat damit das Ziel verfolgt, die Kinder und Jugendlichen vor den Folgen einer gleichzeitigen Ausübung der fachlich-inhaltlich und konzeptionell verschiedenen Hilfearten in der Praxis zu schützen. Dadurch soll insbesondere vor dem Hintergrund der jeweils verschiedenen Aufsichten, der unterschiedlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die jeweilige Erlaubnis, als auch des individuellen Hilfebedarfs der jungen Menschen eine verbesserte Abgrenzung der verschiedenen Betreuungsformen erreicht werden. |